Dienstag, 29. Januar 2013

Ich kann auch Touri

Wer wird denn hier nachlässig auf seine letzten Tage?? Mmmhhh... keine Ahnung. Mein Nachbar schonmal nicht. Bei dem hab ich nämlich grad geklingelt und mal nett nachgefragt. Naja, ich aber auch nicht! Echt jetzt. Ich bin nämlich wirklich nicht nachlässig, ich bin nur schwerst beschäftigt. 
Am Samstag zum Beispiel bin ich morgens um halb acht aus dem Schlaf geschreckt, weil mir plötzlich bewusst wurde, dass das mein viertletztes Wochenende hier ist. Allerhöchste Zeit also genau die Punkte anzupacken, bei denen ich bisher immer dachte: "Du hast ja noch eeeewig Zeit!" Jaja, "noch ewig Zeit" ist auch so ein dehnbarer Begriff. "Noch ewig Zeit" kann man zwei Tage vor der Klausur sagen, aber auch wenn man gefragt wird, wann man seine Familie plant. Das hat ja alles "noch ewig Zeit"...

Wofür hat man sonst eigentlich "noch ewig Zeit"? Genau, zum Beispiel fürs:





Und genau deshalb bin ich gleich total entspannt, als wahrscheinlich einziger Besucher, Samstag morgens um 10 Uhr durchs Irische Nationalmuseum getappert. Genauer gesagt, durch das, in dem es um die irische Geschichte und um Archäologie geht. Hier in Dublin sind nämlich gleich drei "Filialen" oder wie auch immer man das nennt. Und es war echt spannend, wenn auch etwas frustrierend. Frustrierend? Ja, wenn du ein goldenes Schiff siehst, das filligraner nicht sein könnte, dann ist das unter Umständen wirklich frustrierend. Wenn da nämlich drunter steht, dass es 1 Jhdt. vor Christus hergestellt wurde, und du selbst weißt, dass du grobmotorischer Mensch das heute selbst mit Hilfsmitteln nicht hinbekommen würdest, dann ist das wirklich frustrierend. Wobei ich mir noch nicht ganz schlüssig bin, ob es wirklich an meiner Grobmotorik oder nicht vielleicht eher an meiner chronischen Ungeduld liegt...
Nach und nach kamen dann auch einige andere Frühaufsteher und als es dann immer enger wurde hab ich mich einfach vom Acker gemacht. Totaaaal entspannt.
Merke: Samstag 10 Uhr ist eine gute Zeit für ein Museum und mich!

Um dem Frust zu entgehen, bin ich an einen anderen Ort der Pein weitergewandert. Man sagt ja, das Täter häufig an den Ort des Geschehens zurückkehren. Und genau das hab ich, obwohl ich gleichzeitig auch Opfer war, getan. Erinnert ihr euch noch? Als ich vor dem Copyshop die Treppe runtergesegelt und treffsicher in einer riesengroßen Pfütze gelandet bin. Ja, mit dem Gesicht voraus. Das ist die dumme Kuh von einer Treppe!



Nachdem ich also der Treppe höchst professionell die Meinung gegeigt und die Zunge rausgestreckt hatte, war ich endlich bereit mich schöneren Dingen zuzuwenden. Ab gings zum Trinity College. Das "Book of Kells" stand nämlich auf Platz zwei meiner "To-see-Liste".  Oder besser gesagt, die Bücherei an sich. Das Buch selbst juckt mich jetzt nicht soooo sonderlich. Zum Glück, denn die Deppen haben sich fast totgetreten. Ich will nicht wissen, wie viele Rippen an dem Tag von irgendwelchen Ellbogen gebrochen wurden. Interessiert mich auch gar nicht. Ich bin einfach total schmerzfrei dran vorbeistolziert und hab mich zu Harry Potter und Co. gesellt.



Mir haben ja schon einige erzählt, dass man da drin leider nicht fotografieren darf und auch die unzähligen Verbotsschilder haben genau das behauptet. Tja, aber die Iren wären nicht Iren, wenn sie sich von so etwas beeindrucken lassen würden und ich habe mich ja schon vollstens integriert. Sprich: Kamera gezückt und vor Freude gequietscht. Die Aufpasser haben sich nicht weiter dran gestört und höchstens mal gemeckert, wenn einer den Blitz benutzt hat. 

Und auch wenn ich sonst totaaaal unromantisch veranlagt bin (es gibt nichts Kitschigeres, als Rosen...), konnte ich es mir nicht nehmen lassen, die schönste Buchstabenkombi der Welt abzulichten. Ich mein, wenn die schonmal so zusammenstehen, muss man den Moment einfach nutzen!!
Auch wenn ich vom Book of Kells kaum etwas gesehen habe, haben sich die trotz Studentenpreis immer noch unglaublich teuren 8 € Eintritt gelohnt. Bis auf den letzten Cent. Ich liebe Bücher! Und Bücher in wunderschönen Bibliotheken sind gleich nochmal viiiel liebenswerter. Die absolute Krönung wäre natürlich gewesen, wenn da keine Absperrseile gewesen wären und ich stundenlang hätte stöbern dürfen. Aber man kann eben nicht alles haben... Meine Kollegen haben mir heute erzählt, dass das Trinity College irgend so ne Abmachung mit der Queen hat. Angeblich bekommen sie von jedem Buch, das veröffentlicht wird, ein Exemplar kostenlos zur Verfügung gestellt. Ob das stimmt, muss ich mal recherchieren. Aber nicht jetzt, das hat ja noch ewig Zeit...
Anschließend habe ich meine beiden zukünftigen Wunschkinder entdeckt. Ja, sowas will ich auch mal haben. Nen Rocker mit ner Geige und nen Gitarristen mit ner Beanie. Hach.... mein Herz tanzt.
 
Ganz geflasht von historischen Schmökern und der Vision meiner Zukunft, gings erst mal zum samstäglichen Food Market in der Temple Bar. Hier gibts einfach das leckerste Essen und das auch noch billiger, als wenn man selbst kochen würde. Und am allerleckersten sind die Fajitas vom Mexikaner. Aber das ist ja auch kein Wunder, ne....

Puuh, jetzt könnt ich grad schon wieder so einen... mjam...
 
Die Austern sind vom Food Market natürlich auch nicht wegzudenken. Ich hab sie allerdings noch nie probiert, da die Werbung mich etwas abschreckt. Wär ich jetzt Single, wär das ja was anderes... Aber wer weiß, wen ich dann womöglich anspringen würde, wenn die Dinger wirklich das halten, was sie versprechen. Und vor allem: Was würde Michael dazu sagen?
 
Den möchte ich übrigens mal nicht als Sohn haben, aber auf nen Kaffee dürfte er trotzdem mal vorbeikommen, denn Musik kann er machen!!

Ja, und dieses Wochenende war in der Temple Bar auch endlich wieder richtig was los. Eine Art Pub-Festival, mit klasse Bands und auch auf der Straße gings richtig ab. Eine Bühne mit Irish Dance Aufführungen (was ja einfach nur genial aussieht) und auf ner anderen Bühne saß die irische Version eines Jugendsinfonie-Orchesters: eine Horde pubertierender Teenies mit Gitarren, Dudelsäcken, Flöten, Geigen und Quetschkommoden (ich kenn die Mehrzahl von Akkordeon nicht). Ach und ne Trommel war auch dabei. Und eben diese pubertierenden Teenies haben mit Irish Folk Music das Ding gerockt und neben mir noch Unmengen von anderen Menschen glücklich gemacht.

Muss ich wirklich noch sagen, dass an dem Tag das "Ich geh hier NICHT weg!" gewonnen hat? Haushoch!!! Jedenfalls bis nachts um 1 Uhr. Da ist nämlich B. auf die Idee gekommen, noch irgendwas vom Speicher zu holen. Und die Luke zum Speicher ist direkt vor meinem Zimmer. Wär ja alles nicht soooo tragisch gewesen, wenn er nicht beschlossen hätte, das Zeug einfach aus der Luke zu schmeißen... und den ganzen Rest vom Speicher gleich hinterher. Auf jeden Fall habe ich in der Nacht zum Sonntag sämtliche Szenarien durchgeträumt, wie ich ihn killen könnte. So konnte ich sonntags also auch mit einem Lächeln aufwachen.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen