1. The Irish Way of Life
Die Iren arbeiten, um zu leben. Wir Deutschen leben ja eher, um zu arbeiten. Und ich muss mich manchmal ganz schön anstrengen, das zu verinnerlichen. Ich habe mich gebessert. Deutschland, lass dir eines gesagt sein: Wenn ich zurückkomme, habe ich meinen persönlichen Mittelweg gefunden.
2. Nur eine Schlange an der Kasse
Ich stelle mich schon IMMER, mein ganzes Leben lang, immer an der falschen Kasse an. Jedes Mal sind die anderen schneller und ich habe wieder die Oma vor mir, die im Kleingeld kramt, oder den Sparfuchs, der diskutieren muss, dass an dem Schild aber 4,44€ statt 4,49€ stand und das ja dann 5 Cent zu viel wären, oder mindestens zwei Personen, die was umtauschen möchten… Generell nervt mich ja Einkaufen zu Stoßzeiten unglaublich. Als sehr, sehr ungeduldiger Mensch würde man ja manchmal echt gerne der ein oder anderen Schnarchnase den Einkaufswagen in die Kniekehle rammen. Nicht, dass ich das jemals gemacht hätte, aber man darf ja wohl noch träumen (jetzt kennt ihr also auch meine schwarze Seele). Naja, und wenn man nach 15 Minuten ich-könnt-sie-alle-am-Kragen-packen-und-schütteln-reiß-mich-aber-sowas-von-am-Riemen auch noch an der falschen Schlange ansteht, braucht man eigentlich auch nichts mehr. Deshalb plädiere ich an dieser Stelle lauthals: Lasst es uns wie die Iren machen. Eine Schlange für alle und sobald eine Kasse frei ist, heißt es: „Next, please“. Es ist doch eigentlich unfassbar einfach, Frustration zu vermeiden.
3. Wie die Iren mit ihren Kindern umgehen
Die Iren sind ein wirklich gebärfreudiges Völkchen. Die meisten haben mindestens drei Kinder und häufig auch Zwillings- oder (noch lustiger) Doppeldecker-Buggys, ohne Zwillinge zu haben. Das ist also normal hier. Ich weiß noch, dass wir früher auch so einen Buggy für zwei hatten. Jeder D*pp hat freudig gejubelt: „Oh wie süß, sind das Zwillinge?“ Also ich weiß ja auch nicht, aber selbst ich mit meinen damals fast 4 Jahren war in der Lage zu erkennen, dass ein einmonatiger Säugling und ein einjähriges Kleinkind KEINE Zwillinge sind / sein können. Naja, um aber mal zum Thema zurückzukommen. Hier wird nicht hysterisch mit den Kids rumgekrischen. Klar ist auch mal eine Mutter genervt, aber generell haben die Eltern eine riesen Freude an ihren Kindern, fördern und fordern diese ohne Ende, beschäftigen sich mit ihnen. Und wenn ich so manchem irischen 5-jährigen irischen Kind schon zugehört habe, ist mir doch glatt die Kinnlade runtergeklappt. Ich hab keine Ahnung, wie Irland bei der PISA-Studie abgeschnitten hat, aber ich bin überzeugt, dass sie um Meilen besser waren als wir Deutschen. Was lernen wir daraus? Beschäftigt euch mehr mit euren Kindern, statt sie vor PC und TV zu parken (sag ich übrigens schon immer). Das war übrigens ein Appell an Deutschland generell, nicht an euch direkt ;) Übrigens bin ich der Meinung, dass meine Eltern tief im Inneren Iren sind.
4. Das Wetter
Ja, im Ernst. Es wird im Sommer nicht zu heiß und im Winter nicht zu kalt. Genau mein Ding. Temperaturen jenseits der 30 Grad sind schön, wenn man frei hat und sonst nichts zu tun hat. Da man dann in der Regel Urlaub hat, kann man ja auch in die Hitze fliegen. Genauso ist es im Winter. Die Mordskälte, das Scheibenkratzen am frühen Morgen, die ungestreuten Straßen. Braucht man das wirklich? Mmmh… vielleicht, wenn man frei hat und sonst nichts zu tun hat. Zum Skifahren muss man ja meist eh wegfahren, deshalb kann der Schnee doch einfach dort bleiben, wo man Skifahren kann. Klar, an Weihnachten hätte ich natürlich nichts gegen Schnee, da muss man ja auch meist nicht Arbeiten und so. Aber jetzt mal im Ernst: Wann hat es das letzte Mal an Weihnachten geschneit? Eben! Also ich hab nichts gegen die beiden Jahreszeiten, ich mag sie sogar sehr, aber eben nicht so sehr im Alltag. Was ich liebe ist Frühling und Herbst und genau die beiden Jahreszeiten sind mir in den letzten Jahren sehr zu kurz gekommen. Ja, und Irland besteht quasi aus Frühling und Herbst. Ab und zu mal nen Tag Sommer oder Winter, das wars dann aber auch. Und im Übrigen: So viel regnet es hier gar nicht und wenn, dann meistens, wenn ich sowieso gerade arbeite.
5. Die bunten Türen
In Dublin hat jede Haustür eine andere Farbe. Das könnte man fast schon als ein Markenzeichen betrachten. Es ist so unglaublich erfrischend und am schönsten sind die lila gestrichenen (Ja, ich liebe lila und es ist mir egal, dass das die Farbe der sexuellen Frustration ist!). Es wird oft gesagt, dass die Türen unterschiedlich gestrichen sind, weil damit etwas Individualität ausgedrückt werden soll. Hier sind nämlich viele Häuser gleich, also quasi ein Reihenhaus, das über die komplette Straßenlänge verläuft. Aber es gibt zwei Legenden, die uns der Busfahrer auf der Wild Wicklow Tour erzählt hat und die möchte ich euch natürlich nicht vorenthalten:
Als früher die ganzen Türen noch gleich aussahen, hat ein Betrunkener sein Haus nicht mehr gefunden und sich ins Bett einer fremden Frau verirrt. Ihr wisst ja selbst, Irland und Guinness und so… genau, das ist wohl nicht nur einem Betrunkenen passiert. Deshalb wurde beschlossen, die Türen farbig zu streichen, so dass die Männer auch betrunken wieder nach Hause fanden.
Eine andere Legende besagt, dass zu Queen Victorias Tod von England angeordnet wurde, alle Türen zum Zeichen der Trauer schwarz zu streichen. Die rebellischen Iren haben jedoch beschlossen, sich gegen die Autorität aufzulehnen und das Gegenteil zu tun: alle Türen wurden bunt statt schwarz gestrichen.
Also ich muss ja sagen, dass mir die Guinness-Legende besser gefällt. Das würde nämlich auch erklären, warum die Türen heute noch bunt sind!
6. Hier steppt der Bär
Es gibt so viel zu erleben, es wird so viel angeboten und es ist immer was los. Noch dazu so tolle und abwechslungsreiche Sachen: Vom Ukulele-Festival, über das Tall Ships Race bis hin zum Fusion Sunday (der übrigens nächste Woche wieder stattfindet à Juhuu). Das Angebot ist so bunt, wie die Türen, die ich eben erwähnt habe und man kann so unglaublich viel erleben, ohne dafür zahlen zu müssen. Im September soll es auch wieder einige spannende Aktionen geben. Ich kann es kaum erwarten.
7. Ich fühle mich immer sicher
Als Frau allein im Dunkeln heimzulaufen? Mmmmhhh… das geht nicht überall. Besonders wenn man Polizistentochter ist. Dabei liegt der Ursprung aller Besorgnis weniger beim Polizisten selbst, als an der Tatsache, dass besagter Polizist diverse Nachts-im-Dunkeln-Horrorgeschichten an seine Frau weitergegeben hat und ich aufgrund dessen als sehr vorsichtiger Mensch erzogen wurde. Ist nicht weiter schlimm, immerhin habe ich dadurch mehrere Selbstverteidigungskurse besucht und könnte sowieso jeden Angreifer mit geübten Griffen in die Flucht schlagen. Das ist hier aber gar nicht notwendig. Ohne den kleinsten Funken Unwohlsein kann man hier im Stockfinsteren heimlaufen. Naja, stockfinster ist es nicht, nur zappenduster, aber das liegt daran, dass die Straßenlaternen von den Bäumen zugewachsen sind und zwar brennen, aber nur wenige Strahlen den Weg durch die Blätter auf die Straße finden. Und das einzige was mir dabei Sorgen bereitet, ist im Dunkeln auf eine Nacktschnecke oder in eine Hundehaufen zu treten. Beides gibt es hier häufiger.
8. Man kann auch sonntags shoppen
Also für Verkäuferinnen und Co. ist das wahrscheinlich eher weniger prickelnd, wobei so andererseits auch weitere Arbeitsplätze geschaffen werden. Dadurch, dass nicht alle unter der Woche arbeitenden Menschen auf den Samstag beschränkt sind, lässt es sich so viel entspannter einkaufen.
9. Das Essen
Jedenfalls zum Teil. Was mir nicht so zusagt ist, dass es fast überall nur Sandwiches und so Zeug gegessen wird. Ab und zu mal ok, aber nicht immer. Auch, dass es zu den Sandwiches als Beilage Chips gibt find ich gruselig, genauso wie die Tatsache, dass sogar Würstchen frittiert werden. Uuuuuääääähhhh. Als totaler Kontrast dazu gibt es auf den Märkten die unglaublichsten Köstlichkeiten. Falaffel, Indisches Curry, Paella und und und. Also ich finde, dagegen loosen unsere Pommes-, Würstchen- und Hamburger-Buden ganz schön ab. Aber das ist ja im Endeffekt alles reine Geschmackssache. Was mir am besten an der irischen Küche gefällt? Es wird viel weniger mit Geschmacksverstärkern und Co. gekocht. Das meiste ist frisch und das gefällt mir.
10. Alle sind so engagiert
Kommt die Frage nach freiwilligen Helfern auf, schreit jeder sofort „HIER“. Ob es um das Green Team geht, dass alle Mitarbeiter zum nachhaltigen Handeln auffordert, oder das Wellbeeing-Team, dass dafür sorgt, dass es genügend sportliche Aktivitäten und Informationen zur Gesundheit gibt. Oder ein Top-Fotograf, der zufällig auch Mitarbeiter hier ist. Er gibt viele Kurse und lässt sich dabei auch ordentlich entlohnen, aber dieser Mensch ist bereit, für uns Mitarbeiter einfach kostenlose Seminare zu geben. Auch findet sich freitags immer ein Freiwilliger, der alle anderen zum Pub-Besuch auffordert und sich um ne geeignete Location kümmert. Wow, vor so viel Engagement werde ich manchmal richtig erfürchtig.
Was mir nicht gefällt?
Hundehaufen, Nacktschnecken, das Gesundheitssystem und, das Wichtigste: Dass ihr nicht hier seid.
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